100 Million BC - auf den Spuren von "10.000 B.C." und "Godzilla"

 Das Philadelphia Experiment schleudert einen Dinosaurier ins New York der Gegenwart, wo der T-Rex Menschen, Autos und Hubschrauber frisst. Trashiger Spaß.

„’100 Million BC’ … das ist doch dieser Roland-Emmerich-Film, oder?“ Nein, der lautete anders, nämlich: "10.000 B.C."

Der Titel dieses Films ähnelt lediglich dem berühmteren Werk des Regisseurs von „Independence Day“ oder „2012“. Die für „100 Million BC“ verantwortlich zeichnende B-Movie-Schmiede „The Asylum“ entwickelte die clevere Geschäftsidee, ihre billig produzierten Filme mit Titeln zu versehen, die an jeweils aktuelle Blockbuster gemahnen. Beispielsweise „Transmorphers“, das mit Michael Bays „Transformers“ weniger Gemeinsamkeiten aufweist, als Megan Fox mit Schauspielkunst. Oder wer würde angesichts des Filmtitels „The Day the Earth Stopped“ nicht augenblicklich an „The Day the Earth Stood Still“ denken?

Mit „100 Million BC“ dürfte „The Asylum“ erneut nicht wenige Filmfreunde erfolgreich in die Irre geleitet haben. Denn mit dem nicht zufällig täuschend ähnlich klingenden Titel des Roland-Emmerich-Spektakels verbindet diesen Film so gut wie gar nichts. Trotzdem: Wer sich für Trash-Movies begeistern kann, wird diesen Streifen lieben!

Philadelphia: Experiment gelungen, Patient von Sauriern verschlungen

Beim berühmten Philadelphia-Experiment – das übrigens keine unmoralischen Laborversuche mit dem gleichnamigen Brotaufstrich bezeichnet – wurden in den 1940er Jahren Wissenschaftler durch die Zeit geschickt. Um keine Zeitparadoxa zu erzeugen oder dem Film aufwändige Kulissen abzuverlangen, wurden sie 70 Millionen Jahre in die Vergangenheit katapultiert.

Sechzig Jahre später finden Bergsteiger in einer argentinischen Höhle Hinweise darauf, dass zumindest einiger der Zeitreisenden noch am Leben sein könnten. Anstatt sich auch weiterhin keinen Deut um den Verbleib der Testpersonen zu kümmern, schickt die Regierung eine Elite-Einsatztruppe der Navy Seals los. Deren Ziel: Rettung der Zeitreisenden. Unter der Führung von Dr. Frank Reno (Michael Gross, bekannt aus der Sitcom „Familienbande“ mit Michael J. Fox) machen sich die Soldaten auf die weite Reise zurück in die Zeit.

Nach dem Verlust entbehrlicher Statisten stoßen die Protagonisten tatsächlich auf vier Überlebende der Zeitreise aus den 1940er Jahren. Allerdings können nicht sämtliche Personen in die Gegenwart transportiert werden: Einer aus der Truppe muss zurückbleiben und das Gerät mangelt Fernbedienung manuell ausschalten, damit sich kein die Erde verschlingendes Wurmloch bildet. Dieser wenig ehrenvollen Aufgabe nimmt sich Dr. Reno an.

Ehe er das Zeitportal jedoch schließen kann, pirscht sich ein zwanzig Meter langer Fleischfresser heran und hopst elegant in die Gegenwart. Im modernen New York frisst er Müllmänner, erlegt Autos und schnappt Hubschrauber mitten im Flug. Nur die vier Zeitreisenden können der übel gelaunten Riesenechse Paroli bieten …

Eines Ed Wood würdig

https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Plan_9_from_Outer_Space?uselang=de#/media/File:PlanNine_08.jpg
Das 1997 gegründete Filmstudio „The Asylum“ produziert in jeglicher Hinsicht billige B-Movies, wovon 100 Million BC“ keine Ausnahme bildet. Zwar bemüht sich der Streifen anfangs noch um die Entwicklung eines filmähnlichen Plots. Doch bereits nach wenigen Minuten werfen Logik und Reste an Anspruch das Handtuch und machen heillosem inszenatorischem Chaos Platz.

Wer angesichts des bombastischen DVD-Covers wenigstens einen unterhaltsamen Actionreißer erhofft, wird zweifellos enttäuscht. Deshalb sollte man 100 Million BC“ als das betrachten, was er letztendlich ist: Trash in einer Kategorie irgendwo zwischen Ed Woods und Roger Cormans berüchtigten Werken.

Bereits der Filmtitel leitet in die Irre. Denn tatsächlich führt die Zeitreise nicht 100, sondern 70 Millionen Jahre in die Vergangenheit, deren Vegetation sich von jener der Gegenwart gemäß filmischer Diktion nicht wesentlich unterschied. In einer Szene ist sogar eine Straße zu erkennen, womit eines bewiesen wäre: Straßenbaubehörden zählen zu den ältesten Organismen der Welt.

Wer sich den Film antun will => 100 Million B.C. auf DVD


Dass die Suchmannschaft die in der Zeit Gestrandeten auf Anhieb findet, Dinosaurier offenbar über kugelsichere Schutzwesten verfügten oder die Elitesoldaten bereits kurz nach der Ankunft in der Vergangenheit die Nerven verlieren, sollte der Zuschauer einfach hinnehmen und nicht weiter darüber nachgrübeln. Schließlich könnten ihm in weiterer Folge etwa fehlendes Mündungsfeuer oder die bei den Navy Seals verbotenen Bärte und langen Haare der wenig stressresistenten Elitesoldaten auffallen.

Rex and the City

Doch wie ist es um die „Special Effects“ (FX) bestellt, die in derlei Filmen meist für die wenigen Spannungshöhepunkte sorgen? Selbst wenn der geneigte Zuschauer seine Erwartungen auf ein Minimum reduziert, dürfte er ob der geradezu außerirdisch schlechten Spezialeffekte in Ehrfurcht erstarren. Während manche Dinosaurierangriffe durch hektische Schnitte und verwackelte Kameraführung fürs Auge nicht mehr nachvollziehbar oder erfassbar sind, gerät ein mehrsekündiger Raptorenauftritt zum Tiefpunkt moderner CGI-Antimationskunst: Dieser wurde dermaßen schludrig gerendert, dass sich der Unterkörper vom restlichen Leib löst und deutlich sichtbar im Bild verharrt. (Den Film gibt es übrigens auch bei => Prime Video)

Nur geringfügig besser animiert zeigt sich der Antagonist des Filmes: Ein absurd riesiger Fleischfresser, der marginal an einen Tyrannosaurus Rex erinnert, gleitet des Öfteren majestätisch über die Landschaft dahin, ohne den Boden zu berühren. In der vielleicht amüsantesten Szene des Films hüpft das Schwergewicht wie weiland Videospiel-Figur „Super Mario“ leichtfüßig und ansatzlos in die Lüfte und fängt einen Hubschrauber. Überhaupt verschlingt das Ungetüm so ziemlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist.

Für besonderes Aufsehen scheint dies in New York nicht zu sorgen: Der Verkehr läuft weiter flüssig dahin und lediglich drei Polizisten sollen das Monster aufhalten. Hierbei erweist es sich als schwerer Fehler, offenbar die gesamte Armee in Afghanistan und im Irak stationiert zu haben.


Trash der feinsten Sorte: 100 Million BC“

100 Million BC“ erweist sich somit als Trashperle der feinsten Sorte: Der Film scheitert auf jeder Qualitätsebene gnadenlos – und exakt darin liegt seine Stärke. Natürlich erfordert es eine besondere Art von Humor, um ein solches Machwerk genießen zu können. Fans der legendären amerikanischen Fernsehserie „Mystery Science Theater 3000“ werden diesen Film lieben. Wer sich hingegen einen kompetent inszenierten Science-Fiction-Kracher erwartet, dürfte schon nach wenigen Minuten Probleme mit seiner Kinnlade bekommen, die weiter als das bescheidene Niveau des Filmes nach unten klappen wird.

Originaltitel: „100 Million BC“

Regie: Griff Furst

Produktionsland und -jahr: USA, 2008

Filmlänge: ca. 80 Minuten

Verleih: HMH Hamburger Medien Haus

Veröffentlichung auf DVD und blu-ray: 30. April 2009

=> Teil 2: 10.000 BC


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