Im Remake des französischen Films von 1998 brilliert Steve Carell als chaotischer Sonderling. Jay Roach inszenierte einen witzigen, aalglatten Blockbuster.
Die Chefetage ruft!
Tim Conrad (Paul Rudd) ist ein netter, intelligenter Typ, aber kein Karrierist, der für den Weg nach oben über Leichen geht. Seine hübsche Freundin Julie (Stephanie Szostak)
lehnte bereits mehrere Heiratsanträge ab, was seine Unsicherheit nur verstärkt. Unversehens bietet sich eines Tages doch noch die Möglichkeit auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Nachdem sein Boss Lance
(fies: Bruce Greenwood) einen Toppmanager rausgeschmissen hat, ist plötzlich ein Platz weit oben an der Spitze frei geworden. Tim wittert seine Chance und überzeugt Lance davon, ihm eine Chance zu geben. Dieser zeigt
sich beeindruckt von dem ehrgeizigen Mitarbeiter und stellt ihm den verlockenden Posten in Aussicht, wenn Tim am „Dinner für Spinner“ teilnimmt. Dabei nehmen die Teilnehmer statt ihrer Lebenspartner einen
„Spinner“ mit, auf dessen Kosten sich Lance und seine Führungsriege amüsieren kann.
Wie es der Zufall so will, stolpert ihm der exzentrische Barry (Steve Carell) in den Porsche und stellt fortan Tims Leben völlig auf den Kopf. Anfangs freut der sich noch darüber, einen „Spinner“ aufgetrieben zu haben – Barry sammelt tote Mäuse, stopft sie aus und rekonstruiert mit ihnen berühmte Kunstwerke oder historische Ereignisse wie den ersten Flug der Gebrüder Wright. Doch es dauert nicht lange, bis der Steuerbeamte Tims Lebenspläne zerstört. Durch ein Missverständnis vergrault er Julie, blamiert Tim vor Geschäftspartnern und hetzt ihm ungewollt die Steuerfahndung an den Hals. Beim „Dinner für Spinner“ möchte Tim alles wieder gutmachen – was natürlich wiederum in einem Fiasko zu enden droht …
Dinner für Spinner … und Gewinner!
Erneut greift Hollywood auf einen europäischen Film zurück, der in seiner Heimat ein Riesenhit war. „Le Dîner de cons“ hieß Francis Vebers ätzende Sozialsatire aus dem Jahr 1998, die unter anderem dreimal den César, das französische Pendant zum Oscar, gewann. Ein glattes Dutzend Jahre später amerikanisiert Erfolgsregisseur Jay Roach die Komödie, indem er fein säuberlich sämtliche Gesellschaftskritik entfernt, aalglatte Charaktere nach allen Regeln der Klischeekunst aufbietet und dem Zuschauer zwei Stunden lang Honig um den Witzbart schmiert.
Ein Konzept, das vor allem dank des einmal mehr überragenden Steve Carell („Jungfrau (40), männlich, sucht...“, „Evan Allmächtig“) über weite Strecken hinweg passabel funktioniert. Während Paul Rudd lediglich als Stichwortgeber für schräge Witze und bizarre Situationskomik fungiert, wächst Carell über sich hinaus, ohne zum albernen Clown zu mutieren. In einigen Szenen verleiht er seiner Figur sogar einen Hauch von Würde und gewinnt die Sympathien des Publikums. Unterstützt wird er dabei von „The Hangover“-Star Zach Galifianakis, der seinen Chef und Liebhaber seiner Frau zum Besten gibt. Alleine für diese beiden Charaktere lohnt sich der Streifen.
Denn der Rest der Schauspieltruppe wird vom dünnen Drehbuch in Stich gelassen: Vom zynischen Boss Lance über Tims schmucke Freundin Julie (Stephanie Szostak) bis hin zu den Darstellern der Freakshow beim „Dinner für Spinner“: Neben Carell und Galifianakis verblassen die übrigen Figuren völlig.
Harmlos bis zur Scherzgrenze
Leider ergreift Regie-Veteran Jay Roach, der unter anderem die „Austin Powers“-Filme und den Ben-Stiller-Hit „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ inszenierte, nicht die Chance, seiner Komödie wenigstens einen dünnen Anstrich sozialkritischer Untertöne zu verleihen. Hingegen verlässt er sich komplett auf das Ausnahmekönnen von Carell und Galifianakis, was zu Durchhängern in jenen Szenen führt, in denen die beiden keinen Auftritt haben.
Die geballte Harmlosigkeit breitet sich auf fast zwei Stunden aus und unterhält zwar den Zuschauer angemessen, ohne jedoch bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Wo etwa „The Hangover“ brüllend komische Szenen brillanter Skurrilität bietet, spult „Dinner für Spinner“ seine Nummern-Revue weitgehend glatt ab.
In Erinnerung bleiben höchstens die liebevoll gestalteten Mäuse-Dioramen, die gleichermaßen putzig, wie ironisch arrangiert wurden, beispielsweise in der Rekonstruktion von Leonardo da Vincis Meisterwerk „Das letzte Abendmahl“.
Schmocking!
Auf Deutsch verliert der doppeldeutige Originaltitel „Dinner for Schmucks“ an ironischen Witz. Denn unter einem „Schmuck“ versteht man im Amerikanischen gleichermaßen einen Tölpel, wie auch extrovertierten Snob, was höchst treffend auf die meisten Charaktere des Films zutrifft. Bekanntheit erlangte das aus dem Jiddischen („Shmok“) entlehnte Wort in hiesigen Breiten durch den umstrittenen Publizisten Henryk M. Broder, der auf seiner Website jahrelang den „Schmock der Woche“ kürte.
Von derartig frecher Lust an der Provokation ist „Dinner für Spinner“ weit entfernt. Keinen Millimeter rückt Jay Roach von der braven Biederkeit seiner Inszenierung ab, um es möglichst allen Recht zu machen. Dass sich das fertige Werk deshalb in Beliebigkeit verliert und ohne Höhepunkte dahindümpelt, schien dem US-Publikum egal zu sein: Die letztendlich harmlose Komödie avancierte zum Blockbuster und machte jede Menge Mäuse jener Sorte, aus denen selbst Mäusefan Barry kein Kunstwerk fertigen könnte …
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen