The War of the Worlds - Krieg der Welten (BBC-Version von 2019)

2019, im Jahr vor der Corona-Apokalypse, erfuhr der Science-Fiction-Klassiker „Krieg der Welten“ gleich zwei TV-Adaptionen: Eine durch die BBC und eine amerikanische-französische durch Fox / Studiocanal. Auf dem Papier klang dies verheißungsvoll, denn die BBC wollte sich am historischen Setting im viktorianischen England orientieren, während die Konkurrenz die bekannte Story in die Gegenwart transferierte. Meiner persönlichen Einschätzung nach stellen beide Adaptionen eine formvollendete Katastrophe dar, wobei die BBC-Version die weniger schlimme ist, was zugegebenermaßen ungefähr so relativierend ist, als würde man Migräneanfälle bewerten.


Was die BBC-Version der anderen voraushat, ist das Setting: Die Schauplätze und die Kleidungen wirken authentisch. Man fühlt sich hierbei tatsächlich mehr als ein Jahrhundert zurückversetzt. Damit wäre das gesamte Lob aufgebraucht, denn die Story ist schlichtweg katastrophal. Das Grundproblem beider Versionen ist die unerträgliche politische Korrektheit, wobei ich wiederum die BBC-Adaption ganz leicht im „Vorteil“ gegenüber der in ihrer Betroffenheits-Sülze und „weißer Mann böse“-Litanei absaufenden Yankee / Surrender Monkey Koproduktion sehe. 

m/w/d (mann/weiß/dumm)

Die grundlegende Handlung dürfte bekannt sein: Technisch hochentwickelte Marsbewohner müssen ihren sterbenden Planeten verlassen und beäugen neidisch die blühende Erde. Was folgt ist ein Massaker an der Menschheit, geschildert von einem englischen Journalisten Ende des 19. Jahrhunderts. Die damals stärkste Militärmacht der Welt, das britische Empire, ist den Eindringlingen mit ihren Hitzestrahlen und riesigen Kampfmaschinen heillos unterlegen. 

Bild: Pixabay.com

Natürlich sind die ins Fiktive abstrahierten Parallelen der technologisch überlegenen, jedoch herzlos agierenden Marsianer mit dem britischen Kolonialismus keineswegs zufällig, und in einer Buchszene äußert der Ich-Erzähler eben jene offensichtlichen Gedanken. Über die Jahrzehnte folgten mal mehr, mal weniger gelungene Adaptionen, wobei jene von 1953 und die Spielberg-Version von 2005 am bekanntesten sein dürften. 

War of the Worlds (1938) via Wikimedia 
Commons (gemeinfrei)

Leider scheint man bei der BBC, die ich früher mit hochklassigen Dokumentationen assoziierte, nur noch daran interessiert sein, das Publikum zu missionieren. Das ist ebenso vorhersehbar wie öde: Die weißen männlichen Briten sind ebenso arrogant wie dumm, weshalb es einer Frau obliegt, die Dinge in die Hand zu nehmen. Diese wird natürlich vom (weißen) Patriarchat schlimm unterdrückt und muss sich den Respekt dadurch verdienen, dass sie einfach alles besser weiß und kann. Logischerweise fokussiert sich die Serie auf sie und nicht auf den Journalisten, einen Waschlappen, mit dem sie eine außereheliche Affäre unterhält, wie es sich für eine mutige, selbstbewusste Frau gehört, weil Ehe ist ja so was von rechtskonservativ und damit per se schlecht. Ein bisschen Religionskritik muss auch sein – natürlich an der katholischen Kirche, da kann man aus politisch-korrekter Sicht gar nix falsch machen und ist immer auf der sicheren und guten Seite -, und für ein paar Schwarze ist auch noch Platz, wobei leider die Chance vertan wurde, eine schwarze Frau als weiblichen Captain Marvel zu besetzen.











Science-Fiction-Klassiker „Krieg der Welten“ politisch korrigiert

Falls dies zumindest wie eine unfreiwillig komische Adaption zum ablachen klingen sollte, muss ich enttäuschen: Zu gefühlt 95% wird entweder gelabert, durch die Gegend gestakst oder, ganz wichtig in einem modernen Stück, bedeutungsvoll geblickt. Ihr wisst schon: DER Blick, entweder von einer statischen oder einer sich um die Darstellerin langsam drehenden Kamera eingefangen. Das ist nämlich Kunst und wahnsinnig intellektuell, und wer das in dieser Quantität sinnbefreit prätentiös findet, ist ewiggestriger Kulturbanause oder Bildungsopfer einer ganz furchtbaren Zeit, als an den Schulen noch Wert auf so was Albernes wie Fleiß oder gar ein Mindestmaß an Disziplin gelegt wurde. Heute weiß man ja zum Glück, dass Bildung den Charakter verdirbt und „ich mach dich Messer!“ lyrischer als irgendein uraltes Gestammel von Göhte, oder wie diese verfaulte Kartoffel hieß.

Krieg der Welten (1953)

Die Schande der frühen Geburt macht den Rezensenten zu einem dieser mit längst überholter Pseudo-Bildung aufgewachsenen Altmenschen, der schon länger hier lebt, aber hoffentlich nicht mehr allzu lange, um Platz zu schaffen für das Verbesserte wie eben diese BBC-Version, die einen Triumph des moralischen Zeigefingers über den Kortex darstellt. Kompetentes Erzählen einer spannenden Geschichte ist völlig veraltet, wie man inzwischen herausgefunden hat. Viel wichtiger ist der Transport von Botschaften, also: Das britische Empire war grundlegend böse, Kolonialismus ist böse, sofern von weißen Männern begangen, Frauen sind unterdrückt, Diversity is our strengh – außer es handelt sich um Marsianer, die können ruhig auch weg.

Not my martians!

Apropos Marsianer: Wer sich auf ein bisschen Grusel freut, darf sich enttäuscht fühlen. Die wirken auch nicht bedrohlicher als die drolligen Aliens aus der 1953er-Version, eher im Gegenteil stellt sich die Frage, wie diese Wesen ihre Maschinen produzieren konnten. Allzu viele Fragen sollte man allerdings nicht stellen, diese Version ist an keinen Antworten interessiert, sondern lediglich an ihrer Botschaft, die subtil wie ein Flugzeugträger im Bodensee dargelegt wird. Auf einen Altmenschen wie mich wirkt das zum einen nervig, zum anderen langweilig. Hashtag: not my martians!


Und ehrlich gesagt: Das alles ist jammerschade, denn wer, wenn nicht die britische BBC, hätte endlich eine wirklich werkgetreue Adaption produzieren können? Aber so ist das wohl, wenn man dank gesicherter Einnahmen auf Konsumenten keine Rücksicht nehmen muss und seit Jahren lediglich die Erziehung der noch verbliebenen Zuschauer als Aufgabe ansieht.

Mein Fazit: Selten langweilige Adaption einer spannenden Vorlage, durch die politisch korrekte Verwurstung unerträglich inszeniert. Und dennoch ist es nur die zweitschlimmste „Krieg der Welten“-Version aus 2019, was zu gleichen Teilen erstaunlich und erschreckend ist.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen