Das exzellent produzierte Filmdrama "Children of Glory" zeichnet die blutigen Ereignisse des Volksaufstandes 1956 in Ungarn nach.
Endlich wird der größte ungarische Filmerfolg aller Zeiten auch in Deutschland veröffentlicht! Das von Krisztina Goda inszenierte Drama behält trotz der düsteren Thematik
einen leichten, stets optimistischen Unterton und überzeugt durch die beeindruckenden Bilder, hervorragende Schauspieler und einen interessanten Zugang zu einem der dunkelsten Kapitel der ungarischen Geschichte.
In den Wirren des ungarischen Volksaufstandes
Im Jahr 1956 regiert eine sowjetische Marionettenregierung mit eiserner Faust Ungarn. Nur insgeheim und im Verborgenen darf sich das Volk nach Freiheit und Demokratie sehnen.
Wer sich mit dem System arrangiert, kann immerhin ein komfortables Leben genießen. So auch der beste Spieler ungarischen Wasserballmannschaft, Karcsi (Iván Fenyö). Sein unpolitisches Ziel ist es, bei den Olympischen Spielen
in Melbourne die Goldmedaille zu erringen.
Doch plötzlich geschieht etwas völlig Unerwartetes: Die mit den Verhältnissen unzufriedenen Studenten steigen auf die Barrikaden und erringen die Sympathien der Bevölkerung
sowie weiter Teile der ungarischen Sicherheitskräfte. Zunächst weiß Karcsi nicht so recht, wie er sich verhalten soll, hat er doch Angst, dass eine Mitwirkung an den Demonstrationen seine Sportlerkarriere zerstören könnte.
Aber als er sich in die ebenso hübsche wie resolute Studentin Viki (Kata Dobó) verliebt, schlägt er sich auf die Seite der Unzufriedenen.
Unter großen Opfern erzwingt das Volk einen Machtwechsel und den Abzug der russischen Besatzungstruppen. Der Jubel und die Hoffnungen sind endlos: Der ungarische Volksaufstand
hat Wirkung gezeigt! Erleichtert macht sich Karcsi gemeinsam mit seinen Teamkollegen auf zu den Olympischen Spielen. Entsetzt müssen sie jedoch erkennen, dass der Abzug der sowjetischen Streitkräfte lediglich eine Finte
war und Moskau eine riesige Armee nach Ungarn sandte, um der Demokratie ein Ende zu setzen. Nicht nur Karcsi muss sich nun entscheiden, ob er die offene Konfrontation sucht oder sich der Übermacht ergibt und die Träume von
Freiheit endgültig begräbt …
Großes Kino: „Children of Glory“
Mit „Children of Glory“ legt das bislang in Westeuropa kaum wahrgenommene ungarische Kino ein wahres Glanzstück hin. Zugegebenermaßen unter starker Mithilfe aus Hollywood.
Der aus Ungarn stammende Drehbuchautor Joe Eszterhas ("Basic Instinct", „Showgirls“) verfasste das Filmscript, während Filmmogul Andrew G. Vajna (einer der Mitbegründer des legendären Filmstudios Carolco)
den Streifen produzierte.
Die flüssige, stets das Wesentliche fokussierende Regie von Krisztina Goda trägt ihren Teil zum Gelingen des Filmes bei. Beeindruckend an „Children of Glory“ ist vor allem
die über weite Strecken hinweg unsentimentale und kitschfreie Inszenierung, die für die eine oder andere inhaltliche Überraschung sorgt. Eine bemerkenswerte Leistung angesichts dessen, dass das letztendliche Scheitern des
ungarischen Volksaufstandes von 1956 wohl jedem Zuschauer bekannt sein dürfte.
Sport als Kriegsersatz
Ganz bewusst setzt das Drehbuch des alten Hollywood-Haudegens Joe Eszterhas auf die vordergründig unpassenden Parallelen zwischen Mannschaftssportarten und Krieg. Die den Russen
in militärischer Hinsicht völlig hoffnungslos unterlegenen Ungarn suchen kurzzeitigen Trost ihrer misslichen Lage in ihrem Wasserballteam, das jedoch eine bittere Erfahrung machen muss: Bei einem Länderspiel in Moskau werden
die Gäste von den parteiischen Schiedsrichtern klar benachteiligt. Eine darauf folgende Prügelei in der Mannschaftskabine ist die logische Konsequenz daraus und endet für Karcsi zu Hause in Budapest mit einem Verhör durch
die gefürchtete Geheimpolizei. Zwar kommt er ungeschoren davon. Doch der Schock sitzt tief in ihm, weshalb es ihm schwerfällt, sich später dem Aufstand unumwunden anzuschließen.
Klischeefreie Liebesgeschichte vor blutigem Hintergrund
Gerade Historiendramen werden allzu gerne mit kitschigen Liebesgeschichten umrahmt. Auch in diesem Punkt grenzt sich „Children of Glory“ ganz klar von pathetischer Genreware
ab. Nachdem sich Karcsi in Viki verliebt hat, muss er sich dieser Liebe erst würdig erweisen, was nur zögerlich geschieht.
Gestorben wird in Krisztina Godas Filmerfolg hingegen würdelos. Keine Spur von Heldentoden findet sich in der freien Nacherzählung der dramatischen Ereignisse. Der Tod ist
schmutzig, tückisch und verschont niemanden.
Man muss schon mit der sprichwörtlichen Lupe nach Kritikpunkten suchen. Als ein solcher könnte die sehr einseitige Darstellung der russischen Besatzer als Bösewichte gelten.
Andererseits kann man hierfür Verständnis aufbringen. Die Realität beweist eindrucksvoll, dass Feinde nur selten geliebt werden.
Fazit nach knapp zwei Stunden: „Children of Glory“ ist ein in jeglicher Hinsicht großartiger Film! Bedrückend und realistisch nachgezeichnet, aber auch hoffnungsfroh und
mitreißend eindrucksvoll inszeniert. Leider hat die Botschaft, für Freiheit zu kämpfen, und sei der Preis noch so hoch, nichts an Aktualität eingebüßt.
Originaltitel: „Szabadság, szerelem“
Regie: Krisztina Goda
Produktionsland und -jahr: Ungarn / GB, 2006
Filmlänge: ca. 123 Minuten
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